Der Nachtdieb

Es war schon Schlafenszeit und der kleine Michael war furchtbar müde, als er durch einen Spalt in der Gardine aus seinem Fenster hinausschaute. Doch draußen war es immer noch hell. „Komisch“, dachte er, „es müsste doch schon längst dunkel sein!“ Sein Blick fiel auf die niedliche Wanduhr mit den vielen Tieren darauf, die er von seiner Oma geschenkt bekommen hatte. Neun Uhr abends! Er schaute wieder nach draußen. Die Sonne strahlte, als wäre sie gerade erst aufgegangen.

In dem Moment, als er die Gardine ganz zuziehen wollte, setzte sich ein pechschwarzer Vogel auf die Fensterbank. „Ich bin der Nachtdieb, ich bin der Nachtdieb“, krächzte das kleine Federvieh und hüpfte dabei von einem Bein auf das andere. „Was meinst du?“, fragte ihn Michael neugierig. „Ich habe euch die Nacht gestohlen und gebe sie nun nie wieder her!“ „Aber dann können wir doch nicht schlafen“, erwiderte Michael aufgeregt. „Das kannst du doch nicht machen!“ „Du musst mich verstehen“, begann der Vogel zu erklären, „nachts werde ich häufig übersehen, weil ich so schwarz bin, und das möchte ich nicht mehr! Erst neulich bin ich mit einer riesengroßen Taube zusammengestoßen.“

„Da muss es doch eine andere Möglichkeit geben!“, entgegnete Michael. „Hmmm, pass auf, ich habe eine Idee! Wenn ich dich für alle sichtbar mache, dann gibst du uns Menschen die Nacht zurück!“ Der Vogel überlegte kurz, aber dann willigte er in den Vorschlag ein. Michael rannte aus seinem Kinderzimmer direkt in die Küche, öffnete einen Schrank und nahm eine riesige Schüssel heraus. Er griff zu einer großen Tüte und kehrte zum Fenster zurück, füllte den Inhalt hinein und schüttete dem pechschwarzen Vogel die ganze Schüssel über den Kopf.

„He, was machst du da?“ Der Vogel war von oben bis unten weiß wie Zuckerwatte. Michael hatte ihn komplett mit Mehl eingepudert und nun erstrahlte der Nachtdieb in einem herrlichen Weiß! „So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt“, zwitscherte ein sichtlich verärgerter Vogel. „Du hast mich reingelegt, aber ein Versprechen ist ein Versprechen…“ Und mit einem Schlag wurde es stockdunkel. Die Nacht kehrte zurück. Als der Vogel sein Spiegelbild im Fenster sah, musste er auf einmal laut lachen und Michael lachte auch. Von da anwaren die beiden gute Freunde!

Nachtdieb2

Reise zur Sonne

Es war einmal eine Eule. Am Tag schlief sie immer und nachts war sie wach. So ging das über viele Jahre. Doch eines Tages konnte die Eule nicht schlafen und dabei war es doch schon mitten am Tag!
Die Sonne brannte und die Eule kam mächtig ins Schwitzen. Nie zuvor hatte sie eine derartige Wärme verspürt. Sie blickte zum Himmel hoch und sah die gelbe, riesige Sonne, die durch wunderschöne, weiße Wolken hindurch direkt auf die Erde strahlte. Die Eule wunderte sich, denn nachts, wenn sie normalerweise wach war, gab es nur den Mond. Der war zwar hell, aber nicht warm.

So beschloss die Eule, sich auf eine Reise zu machen. Eine Reise zur Sonne, um herauszufinden, wie etwas so unglaublich heiß sein konnte. Sie breitete ihre großen Eulenflügel aus und erhob sich hoch in die Luft. Immer höher und höher flog sie, und immer näher und näher kam sie dabei ihrem Ziel. Doch plötzlich wurde es furchtbar kalt. Obwohl sie der Sonne immer näher kam, begann sie zu frieren. Sie hielt die Kälte nicht mehr aus und kehrte um.

ReiseSonne1

Auf dem Rückflug sah sie einen alten Bären, der es sich unter einem Baum gemütlich gemacht hatte. Die Eule beschloss, den Bären zu fragen, was er über die Sonne wüsste und landete über ihm auf einem Ast. „Hallo Bär, was kannst du mir über das große, gelbe Ding da am Himmel verraten? Ich habe es heute zum ersten Mal gesehen.“ Der Bär schaute verwundert hoch zur Eule. „Das ist der Mond!“ „Der Mond?“, rief die Eule verwundert aus. Tatsächlich! Sie war so lange unterwegs gewesen, dass es bereits wieder dunkel geworden war und da, wo vorher die Sonne war, stand nun der Mond am Himmel!

Die Eule konnte es nicht glauben und beschloss, gleich früh am nächsten Morgen die Reise fortzusetzen, doch als die ersten Sonnenstrahlen auf die Erde fielen, war sie eingeschlafen. Und so schlief sie auch die nächsten Jahre tagsüber, wenn die Sonne schien und erwachte abends, wenn der Mond am Himmel stand. Eigentlich war sie auch ganz froh darüber, denn sie liebte die Nacht mit all ihren prächtigen Sternen und mit dem wunderschönen gelben Mond, der sie nie zum Schwitzen brachte.

Der helle Stern

Jeden Abend leuchten am Himmel Millionen von Sternen, doch an diesem Abend leuchtete ein Stern besonders hell. „Warum strahlst du so?“, fragten die anderen Sterne den kleinen Himmelskörper. „Ich weiß es nicht“, antwortete er. „Als ich heute Morgen aufwachte, da hing eine seltsame Schnur an mir herunter. Und als ich mich noch fragte, was das sei, spürte ich, wie jemand kräftig daran zog!“ „Und was ist dann passiert?“, wollte der Mond wissen, der sich mittlerweile zu den anderen gesellt hatte. „Nun, ich fing ganz kräftig an zu leuchten!“

Eine Sternschnuppe, die ganz zufällig vorbeiflog, stoppte ihren Flug mit einer Vollbremsung. „He, wieso unterhaltet ihr euch mit einer Nachttisch lampe?“. „Nachttischlampe? Du nennst mich eine Nachttischlampe?“ Der helle Stern war mächtig wütend. „Wie kannst du es wagen, so über mich zu sprechen?“ „Ich beweise es dir“, antwortete die Sternschnuppe und zog mit einem kräftigen Ruck an der Schnur. In diesem Moment wurde es rund um den kleinen Stern stockfinster. „Was hast du gemacht?“, fragte er ganz aufgeregt. „Ich habe dein Licht ausgeknipst“, lachte die Sternschnuppe. „Das kann doch nicht sein!“ Nun zog der kleine Stern selber an der Schnur. Das Licht ging sofort wieder an.

Auf einmal erklang eine vertraute Stimme, wie aus dem Nichts. „Moritz, mach das Licht wieder aus, du sollst schlafen. Ich habe dein Licht doch eben schon ausgemacht, du hattest es angelassen.“ Der kleine Moritz öffnete die Augen und sah in das Gesicht seiner Mutter. Seine Hand umklammerte die Schnur der Nachttischlampe. „Ach, du bist es, Mama. Stell dir vor, ich hatte eben einen ganz merkwürdigenTraum…“

Der schlafende Drache

Vor über 1000 Jahren lebte der kleine Ritter Kunibert in einem wunderschönen Schloss in den tiefen Wäldern von England. Er bekam vom damaligen König den Auftrag, eine Höhle zu suchen, die von einem gewaltigen grünen Drachen bewacht wurde. Die Höhle verbarg ein noch nie gelüftetes Geheimnis, welches nur der Drache kannte.

Der Ritter fragte den König, ob er den Drachen bekämpfen sollte. Doch der König antwortete: „Nein, das ist nicht nötig. Der Drache schläft ganz tief und fest mitten im Eingang des Felsens. Deine einzige Aufgabe ist es, den Drachen nicht aufzuwecken, dann kannst du die Höhle gefahrlos betreten!“

Der Ritter machte sich auf die Suche. Es dauerte drei Tage und drei Nächte, bis er endlich den geheimnisvollen Ort entdeckte, vor dessen Höhle der übermächtige Drache auf dem Boden lag und schlief. Ritter Kunibert stellte sich auf die Zehenspitzen und bewegte sich ganz langsam auf die Öffnung zu, die durch den Drachen versperrt wurde. Wenige Meter bevor er sein Ziel erreichte, öffnete sich das linke Auge des Ungeheuers, welches allein schon größer war als der gesamte Kopf des Ritters. Kunibert erschrak und lief zurück in den Wald. Am nächsten Morgen versuchte er es wieder. Dieses Mal hatte er sich besonders weiches Stroh um die Fü.e gewickelt, damit es auch wirklich kein Geräusch gab, wenn er sich bewegte. Er hatte sich dem Drachen schon bis auf einen Meter genähert, als ihn ein lautes Schnaufen erzittern ließ. Im letzten Moment ergriff er die Flucht.

Dennoch kehrte er auch am nächsten Tag in aller Frühe zurück. Er hatte sich dieses Mal seine schweren Stiefel mit Daunenfedern beklebt. Nun hörte man wirklich keinen einzigen Ton mehr, wenn sich Ritter Kunibert bewegte. Und siehe da, es funktionierte! Der Ritter quetschte sich am schlafenden Drachen vorbei und betrat die Höhle.
Sein Blick fiel auf ein goldenes Kästchen. Das musste es sein, das Geheimnis der Höhle!

Noch ehe er es berühren konnte, fing das Kästchen plötzlich laut an zu klingeln. Der Ritter bekam einen Riesenschreck. Hinter ihm hob der Drache seinen Kopf und schaute in die Höhle hinein. Kunibert erstarrte und sah direkt in die Augen des grünen Ungetüms. „Guten Morgen“, sagte der Drache, „mein Wecker hat gerade geklingelt. Es ist acht Uhr. Ich muss jetzt in die Drachenschule. Vielleicht hast du ja nachher noch Zeit, kleiner Ritter, dann können wir zusammen spielen. Es trauen sich nämlich nur sehr wenige, mich zu besuchen. Und ich freue mich über jeden neuen Freund!“

Kunibert war erleichtert und wartete, bis der Drache aus der Schule zurück war. Von da an trafen sie sich fast jede Woche und unternahmen gemeinsam die schönsten Sachen.

Die Maus im Mond

In Amerika, ganz in der Nähe von dem Ort, wo die Menschen Raketen in den Weltraum schießen, hatte eine Maus vor vielen, vielen Jahren einen ungewöhnlichen Traum. Sie wollte unbedingt auf den Mond, denn sie glaubte, nein, sie war sich sicher, der Mond würde aus reinstem Käse bestehen. Sie wollte es unbedingt herausfinden und so beschloss sie, sich auf das verbotene und sehr gut bewachte Raketenstartgelände zu schleichen. Sie war so winzig, dass niemand sie bemerkte.

Schon nach kurzer Zeit stand sie vor einem riesigen Ding, das hoch bis in den Himmel ragte. Das musste sie sein, die Mondrakete! Einige Astronauten trugen gerade Kisten in die Rakete. Das war ihre Chance! Sie hüpfte blitzschnell durch eine offene Tür und versteckte sich in einer Ecke hinter den großen, silbernen Kisten. Es dauerte noch eine ganze Weile, doch auf einmal gab es einen mächtigen Knall. Die Rakete war gerade gestartet. Es wurde furchtbar laut, doch die kleine Maus hatte keine Angst, denn sie wusste: nur noch kurze Zeit und dann würde sie an dem schönsten Ort sein, den sie sich je erträumt hatte.

Endlich waren sie da. Sie kam aus ihrer Ecke hervor und schaute durch ein winziges Fenster. Was sie sah, begeisterte die Maus. So schön gelb und so riesig! Sie konnte es nicht mehr abwarten. Sie lief an den Menschen vorbei, die gerade eine Fahne in den Boden steckten und kletterte hinab in ein riesiges Loch. Gleich würde sie den köstlichen Käse probieren können. Voller Vorfreude rieb sie sich noch einmal genüsslich über den Bauch und dann biss sie zu! „Auuutsch!“, die Maus schrie auf vor Schmerz. Der Käse schmeckte überhaupt nicht nach Käse und er war steinhart.

Die Astronauten hörten den Schrei und liefen zu dem Krater, in dessen Mitte einzig die kleine Maus saß. Sie trauten ihren Augen nicht. „Eine Maus, eine Maus im Mond! Das ist eine Sensation!“

Sie nahmen die Maus mit in die Mondrakete und flogen zurück zur Erde. Doch kaum hatten sie nach der Landung die Tür geöffnet, machte die Maus einen riesigen Satz nach draußen und lief so schnell, dass keiner sie mehr einholen konnte.

Als sie wieder zuhause war, schaute sie hinauf zum Mond. „Schade“, dachte sie, „er ist nicht aus Käse. Aber schön ist er trotzdem!“ Erschöpft von der anstrengenden Reise schlief sie in ihrem Mäusebettchen ein…

Schafe zählen

„Ich kenne einen Trick, wie du besser einschlafen kannst, meine Süße“, sagte der Vater zu seiner Tochter Anna. „Willst du wissen, wie?“ „Ja, bitte, Papi“, erwiderte Anna. „Dann schließ mal die Augen und stell dir vor, du stehst auf einer Wiese und vor dir siehst du einen großen Zaun. Siehst du den Zaun?“, fragte der Vater. Anna kniff ihre Augen zusammen und stellte sich eine schöne, saftige Wiese mit einem alten Holzzaun vor. „Ja, Papi!“
„Auf dieser Wiese springen jetzt nacheinander Schafe über den Zaun. Stell dir das bitte vor: erst das erste Schaf, dann das zweite Schaf, danach das dritte, das vierte und so weiter. Du musst jetzt einfach immer weiter die Schafe zählen und du wirst irgendwann so müde sein, dass du ganz von alleine einschläfst. Probier es doch gleich mal aus! Ich wünsche dir eine gute Nacht, Anna, und viel Glück beim Schafezählen!“
Er gab ihr noch einen sanften Gute-Nacht-Kuss und knipste dann das Licht aus.

Anna konzentrierte sich und stellte sich die Wiese vor… Da kam das erste Schaf angerannt, ein großes, weißes Schaf, das mit Schwung über den Zaun sprang. Dann folgten das zweite Schaf, das dritte, das vierte und das fünfte. Alle Schafe sprangen mühelos und mit großer Freude über den Bretterzaun, als wenn sie den ganzen Tag nichts lieber tun würden. Anna war zufrieden, da sie in der Tat immer müder wurde, je mehr Schafe sie über den Zaun springen sah Doch dann geschah etwas Seltsames. Nachdem das 22. Schaf über die Hürde gesprungen war, folgte plötzlich keines mehr. Kein Schaf war mehr zu sehen. Anna war eingeschlafen.

Doch in ihrem Traum stand sie plötzlich selber auf der schönen Wiese und sah ein winziges Schäflein mit der Zahl 23 auf dem Rücken weinend auf dem Boden sitzen. Zitternd sprach es: „Ich traue mich nicht, über den Zaun zu springen. Er ist viel zu hoch und ich bin doch noch so klein.“ Anna hatte Mitleid: „Wenn du nicht springen magst, dann helfe ich dir, in Ordnung?“ „Oh, ja“, antwortete das Schäfchen.
Anna machte einen Schritt, nahm das kleine, kuschelige Tier in ihre Arme und hob es sanft über das Hindernis. „So, mein Kleines, jetzt bist du auf der anderen Seite. Lauf weiter und hab keine Angst.“ „Vielen Dank, Anna“, mähte das Schaf und sprangvergnügt weiter. Und Anna träumte noch die ganze Nacht von vielen kuscheligen Schäfchen.

Omas Schlafmütze

Lena war mal wieder zu Besuch bei ihrer Oma; denn ab und zu, wenn die Eltern abends etwas unternehmen wollten, durfte Lena bei ihrer Großmutter übernachten. Nachdem Oma eine ihrer schönen Gute-Nacht-Geschichten erzählt und das Licht bereits ausgeknipst hatte, war Lena irgendwie noch unzufrieden: „Oma, ich kann abends immer so schwer einschlafen. Das ist sooo anstrengend. Was kann ich denn tun, damit das schneller geht?“ Ihre Großmutter überlegte kurz und sagte: „Ich habe da eine Idee. Auf dem Dachboden in einer der alten Truhen habe ich noch eine Strickmütze aus weicher Zauberwolle. Wenn man die aufsetzt, schläft man sofort ein. Egal, ob man müde ist oder nicht. Warte kurz, dann hole ich sie dir.“Wenig später kam sie zurück, in der Hand eine schöne selbst gestrickte Mütze mit buntem Blumenmuster. „Setz sie mal auf, Lena!“ sagte die Oma. Lena nahm sie in die Hand, setzte sie auf und siehe da: Sie schlief sofort ein, aber nicht nur das! Sie träumte einen der schönsten Träume, den sie je gehabt hatte.

Am nächsten Tag wurde sie von ihren Eltern abgeholt. Ihre Mütze hatte ihre Oma in eine Tüte gesteckt, damit Lena nun keine Probleme mehr mit dem Einschlafen haben sollte.

Am Abend kurz vor dem Essen wollte Lenas Vater die Nachrichten schauen und legte sich daher schon mal gemütlich auf das Sofa. „Hui, schon so spät!“, sagte er zu Lena. „Nach dem Abendessen geht es aber direkt ohne Umwege ins Bett!“. Das gefiel Lena ganz und gar nicht, denn sie wollte noch so gern ein bisschen spielen. Aus ihrer Tüte holte sie nun die Mütze heraus: „Papa, guck mal, was ich von Oma geschenkt bekommen habe!“ Stolz zeigte sie ihrem Vater die Zaubermütze. Der Vater meinte: „Eine schicke Mütze, Lena! Ob die mir auch passt?“ In diesem Moment nahm er die Wollmütze in beide Hände und setzte sie geschwind auf seinen Kopf, bevor Lena ihm verraten konnte, was es mit der Mütze auf sich hatte. „Guck mal, mein Schatz, die Mütze…“ Lenas Vater konnte den Satz nicht mehr zu Ende sprechen. Er war sofort auf dem Sofa eingeschlafen.

„Kommt ihr jetzt bitte zum Essen!“, hörte Lena ihre Mutter rufen. „Mama, ich glaube, Papa hat heute keinen Hunger mehr. Er ist schon schlafen gegangen. Dann können wir ja auch nach dem Essen noch zusammen spielen!“ Während sie dies sagte, fiel Lena auf, dass ihre neue Schlafmütze sogar noch praktischer war als sie gedacht hatte.

Häschen aus der Grube

Vater Hase und Mutter Hase lebten mit ihren vier Hasenkindern glücklich in einer großen Grube.

Sie hatten genug zu essen und zu trinken und der böse Fuchs hatte sich schon länger nicht mehr blicken lassen. Eines Tages wandte sich der älteste Sohn an seine Eltern: „Liebe Eltern, ich muss euch etwas sagen. Das Leben in der Grube ist zwar schön, aber ich möchte Abenteuer in der großen, weiten Welt erleben.“

Die Eltern und die Geschwister waren traurig, dass der größte Hasenjunge nun die Grube verlassen wollte. Aber sie freuten sich auch mit ihm, dass er jetzt alt genug war, das Leben allein zu erkunden. Zwei Tage später machte sich der Älteste auf den Weg. Er hatte von seiner Mutter ein paar frisch geschälte Möhren mitbekommen und packte alles, was er sonst noch brauchte, in einen Sack, den er über die Schulter nahm. Beim Zaun zum Bauern nebenan schaute er kurz zurück und sah in der Ferne noch seine Familie, wie sie ihm zuwinkte. Auch er wurde nun etwas traurig, da er noch nie so weit von zuhause weg gewesen war.So wanderte er mehrere Stunden immer weiter, bis er erschöpft zu einer Scheune kam. In ihrem Schatten breitete er seine Decke aus und legte sich hin. „Ich muss mich jetzt etwas ausruhen“, murmelte der Hase und schloss seine Augen. Er sah nicht, dass der böse Fuchs sich wie jeden Tag auf dem Dach der Scheune sonnte. „Ich rieche Hasen…“, schnüffelte der Fuchs und guckte von seiner Scheune herab. Als er den Hasen sah, freute er sich. Er kletterte leise über eine rostige Regenrinne vom Scheunendach herunter und schlich sich vorsichtig an. Doch kurz vor der Decke, unter der der Hase schlief, schrie der Fuchs auf: „Aua, aua, wo bin ich denn da reingetreten?“ Er konnte nicht mehr weiterlaufen, seine Pfote war eingeklemmt. Das Gejaule ließ den Hasen erwachen. Er sah direkt in die Augen des listigen Fuchses, der ihm bereits bedrohlich nah gekommen war. Dieser war in eine Mausefalle getreten, die neben der Decke lag. Rings um den Hasen hatte jemand ganz viele Mausefallen aufgestellt, während dieser schlief. Verwundert schaute sich der Hasenjunge um und erblickte plötzlich seinen Vater. „Ich bin dir gefolgt und habe die  Mausefallen zu deinem Schutz aufgestellt. Ich weiß ja, wo der böse Fuchs wohnt…“, sprach der Hasenvater lächelnd. „Was wäre ich nur ohne dich“, meinte der älteste Hasensohn erleichtert und lächelte zurück. „Ich werde auf meiner Reise nun besser auf mich aufpassen. Viele Grüße an Mama und die Brüder und Schwestern. Was wäre ich nur ohne euch“, sagte er und verabschiedete sich nun erneut von seinem Vater und ging frohen Mutes weiter.
Der Hasenvater kehrte noch am selben Abend zurück in die Grube und erzählte der restlichen Familie von seinem Erlebnis. Der böse Fuchs, der nun gar nicht mehr böse, sondern nur noch sehr, sehr traurig war, wurde am Abend von dem Bauern der Scheune befreit und schwor sich danach, nie wieder einen Hasen zu jagen.

Eine traumhafte Insel

Es war einmal ein Pilot, der hatte mit seinem Flugzeug schon die ganze Welt bereist. Doch eine kleine Insel ganz im Süden, da wo es sehr, sehr warm ist, die kannte er noch nicht. Es war auch kein Wunder, dass er die Insel nicht kannte, denn sie war nirgendwo eingezeichnet. In keiner Landkarte, auf keinem Globus, nirgends.
Aber ein kleiner Nachbarsjunge hatte ihm von der Insel erzählt. Es sollte dort traumhafte Strände aus Puderzucker geben und so schönes, warmes Wasser, dass man am liebsten immerzu nur baden wollte. Früchte groß wie Luftballons gäbe es dort, die so lecker schmeckten, dass man nie mehr etwas anderes essen wollte. Und die Menschen seien dort so nett zueinander, dass sie sich jeden Tag gegenseitig besuchten, um sich etwas zu schenken. „Eine traumhafte Insel muss das sein“, sagte der Pilot und machte sich auf die Suche.

Er flog wochenlang nur mit dem Ziel, diese eine Insel zu finden. Er flog tagsüber,
er flog nachts, er flog bei Regen und sogar bei Sturm mit seinem kleinen Flugzeug.
Doch er hatte einfach kein Glück. Er fand diesen wunderbaren Ort nicht. Zu Hause angekommen legte er sich auf sein Sofa und überlegte, wo er noch nach dieser wundersamen Insel suchen könnte. Doch dann schlief er erschöpft ein. Durch ein Klopfen an der Tür wurde er geweckt. Es war der Nachbarsjunge. „Pilot, wo warst du denn die ganze Zeit?“, fragte er und der Pilot antwortete: „Ich habe deine Insel gesucht – die, von der du mir erzählt hast. Die Insel mit den traumhaften Stränden und den tollen Früchten.“ „Meine Insel?“, kicherte der Junge, „die kannst du nicht finden, auch wenn du die ganze Welt abfliegst. Die Insel gibt es doch nur im Traum. Schließ die Augen, dann kannst auch du sie sehen.“ Und der Pilot schloss die Augen und fiel in einen tiefen, tiefen Schlaf…

Teddys Geburtstag

Neulich feierte mein Kuschelteddy ein großes Fest unter meiner Bettdecke. „Komm doch her und guck mal, wer alles hier ist“, rief der Teddy. Ich schaute unter die Decke und sah zunächst gar nichts. “Hier unten bei deinen Füßen sind wir!”, erwiderte er. Ich guckte tiefer und tiefer und neben meinen Zehen saßen sie in einem Kreis: der Teddy, die blonde Puppe, mein kleines Plüschkrokodil und zwei kleine selbst gebastelte Kastanienmännchen. “Jetzt sehe ich euch. Was macht ihr denn da?”, fragte ich. Der Teddy antwortete: “Ich habe doch heute meinen Teddygeburtstag. Das musst du doch wissen. Vor genau einem Jahr haben deine Eltern mich auf dem Flohmarkt gekauft.” „Ja, daran kann ich mich gut erinnern”, erwiderte ich. “Aber Teddy, sag mal, wo ist denn dein bester Freund, der Spielzeugfeuerwehrmann? Wollte er nicht mitfeiern?” Der Teddy antwortete traurig: “Ich weiß es nicht. Er ist einfach nicht gekommen.“

“Wartet mal. Ich höre da was…”, sagte ich zu den anderen. Es war der Spielzeug-Feuerwehrmann. Er rief: “Hallo, ihr da oben im Bett, ich komme leider nicht hoch zu euch, die Leiter von meinem Feuerwehrauto ist zu kurz. Ohne Hilfe schaffe

ich das nicht…” Das kleine Plüschkrokodil sprang auf und guckte unter der Decke hervor: “Wir müssen ihm helfen! Lasst uns ihn gemeinsam hochziehen!” Gesagt, getan! Alle Geburtstagsgäste fassten sich in einer Reihe an den Händen an und versuchten, den Feuerwehrmann mit vereinten Kräften hochzuziehen. “Oh je, wir schaffen es nicht. Es ist viel zu hoch!”, sagte der Teddy.  „Was können wir nur tun?” “Ich habe eine Idee!“, sagte ich. „Ich hole den Feuerwehrmann mit einem Fahrstuhl hoch!” „Wo willst du denn den Fahrstuhl herzaubern?”, fragte der Teddy.
“Warte ab!”, sagte ich zum Teddy. Ich legte mich auf den Bauch,
so dass meine Arme das obere Ende der Feuerwehrleiter erreichten,
auf dem der Spielzeugfeuerwehrmann stand. Der Feuerwehrmann konnte so auf meine Handfläche steigen und ich hob ihn anschließend hoch ins Bett. „Toll, ohne Dich hätte ich das nie geschafft!“, rief der Spielzeugfeuerwehrmann dankbar. “Du bist ja ein toller Fahrstuhl!”, lachte der Teddy und verschwand mit allen Geburtstagsgästen unter der Bettdecke. Dort feierten sie dann alle zusammen ein rauschendes Fest.

“Das war ein toller Geburtstag, weil alle meine Freunde da waren”, sagte der Teddy am Ende zu allen seinen Gästen. “Auch ich!”,  lachte der Feuerwehrmann. “Auch du”, sagte der Teddy und umarmte seinen besten Freund.